Empfohlener Post

ein verrirrter Prolog, mit Aussicht auf mehr.

Fabians Prolog  oder “Wie schmeckt eigentlich Kartoffelsuppe?” Im Allgemeinen war es sehr heiß. Es war auch gruselig und schaurig und ab und...

Montag, 17. Februar 2025

Die Zauberin; Das Glückskind: Gentilis; Kapitel 4: Bajka

 Die Zauberin

Das Glückskind: Gentilis

 


Kapitel 4: Bajka

 

Ihr Glück hatte sie nicht verlassen, es hatte sie genau hierher geführt. Nur dass diesmal ein Mensch dabei ums Leben kam. Das war bisher noch nie passiert, doch es minderte ihre Vorfreude nicht. War das schlecht, machte sie es zu einem schlechten Menschen?

Sie wusste es nicht. Eola konnte es nicht beeinflussen, also warum sollte sie sich darüber den Kopf zerbrechen?

Sie sah Lord Fremm an und er brummte etwas.

“Die Zauberin wird euch testen. Wir werden euch nicht zum König vorlassen ohne ausschließen zu können, dass ihr tatsächlich Magie wirken könnt. Macht schon, sie wartet nicht gerne.”

Eola nickte, dann drückte sie die Klinke hinunter und trat ins Zimmer.

Der Raum dahinter war nicht groß, aber geräumig. Er erinnerte eher an das Zimmer eines Grafen, denn einer Lady.

“Schließt die Tür Junge!”, befahl Bajka in barschem Ton, sie sah nicht von den Briefen, auf die sie studierte. Mitten im Raum stand ein massiver Schreibtisch mit einer kleinen Lampe darauf, in der einsam eine Kerze brannte. Hinter der Zauberin befand sich ein großes Fenster, durch das die rote Abendsonne ihre letzten Strahlen sandte.

Eola schloss die Tür hinter sich und sah sich dann im Zimmer um. An den Wänden hingen alte Gemälde, die hauptsächlich Landschaften zeigten, aber auch den ein oder anderen Edelman, niemanden, den Eola kannte, aber dem Anschein nach Verwandte des Lord von Ärenfels. Das Zimmer war offensichtlich nicht ihres, auch wenn sie hier und da dem Raum einen Funken ihrer Persönlichkeit hinzugefügt hatte. Auf der Anrichte neben der Tür stand eine dunkle Schale mit glimmenden Kräutern, auf dem Bücherregal links von ihr lag der glänzende Schädel eines Tieres und auf einem kleinen Beistelltisch in einer Ecke des Raumes lag ein Haufen Pergamentrollen. Der Schreibtisch war aufgeräumt, aber man sah, dass sie arbeitete, ein aufgeschlagener Foliant, der eine Karte der Region zeigte und das aufgeschraubte Tintenfass, in das sie gerade die Feder tunkte, dazu eine große goldene Sanduhr durch die unglaublich langsam eine flüssig Substanz tropfte, statt Sand.

Es gab einen Spiegel, so hoch wie Eola selbst, doch die Oberfläche war dumpf, als sei er verstaubt.

Wenn Oines Zimmer im Wirtshaus bei Madiskat gemütlich und einladend gewirkt hatte, so merkte man diesem Raum an, dass er vom brutalen Pragmatismus einer Frau geprägt war, die nichts Überflüssiges herumliegen ließ und Ordnung schätzte. Außer diesen seltsamen Schädel vielleicht. Eola kannte kein Tier, von dem er stammen könnte. Doch bevor sie Zeit hatte, einen längeren Blick darauf werfen zu können, hob Bajka den Kopf, verkorkte das Tintenfass und legte die Feder beiseite.

Heute trug sie dunkles Grau, ein Gewand, das im Gegensatz zum nachtblauen Kleid ihrer ersten Begegnung beinahe schlicht wirkte. Und doch war es alles andere als das. Es bestand aus einem Stoff, der das Licht zu brechen schien und ihn so silbrig schimmern ließ. Die langen schmalen Ärmel hatte sie hochgekrempelt. Vor ihrer Brust wurde das Kleidungsstück von einer silbernen Brosche zusammengehalten. Die Haare trug sie wie immer offen.

Während sie Eola musterte, drehte sie gedankenverloren an einem dünnen Goldreif an ihrem Handgelenk, in dem blasse Steine saßen, die das Sonnenlicht einfingen.

Ihre dunkelblauen Augen schienen weniger aufgewühlt als am Tag im Thronsaal und ihre ganze Mimik wirkte mehr neugierig als argwöhnisch, so wie Eola es erwartet hatte.

“Steht da nicht so herum.”

Dabei deutete sie auf den Stuhl ihr gegenüber und Eola fiel auf, das auf ihren Unterarmen Runen aufgezeichnet waren, in feinem Schwung, mit einer heller Tinte, sodass man sie beinahe übersehen konnte.

Eola setzte sich, doch sobald sie saß, lehnte Bajka sich zurück und wedelte mit der Hand vor dem Gesicht, als wolle sie einen aufdringlichen Duft vertreiben. Dabei verzog sie leicht das Gesicht. Eola errötete. Sie musste gewaltig stinken nach ihrer Nacht im Kerker und der Plackerei im Burghof.

Dann seufzte die Zauberin, doch selbst das klang melodisch und strich sich mit der Hand das Haar hinters Ohr.

“Als hätte ich nicht genug zu tun.”

“T-tut mir leid”, stammelte Eola. Es kam ihr kaum ein klares Wort über die Lippen.

Die Zauberin sich wohl bewusst welche Wirkung sie auf Eola hatte, zog skeptisch eine Augenbrauen in die Höhe und musterte sie erneut.

“Sie haben mir gesagt ihr wärt ein Junge.”

D-das bin ich auch, Herrin.”

Bajka wedelte erneut mit der Hand.

“Spart euch das Mädchen. Ihr sprecht mit keinem einfältigen Gardisten, oder Bauerntrampel. Ihr sollt also eine Hexe sein?”

Dabei blickte sie Eola mit spötischem Lächeln an und die bloße Anmaßung kratzte an Eolas Stolz und es machte sie tatsächlich mutiger.

“Keine Hexe, aber vermutlich mächtiger als ihr.”

“Ach ja?”, fragte die Zauberin und ein ehrlich amüsiertes Lächeln umspielte ihre Lippen.

“Ihr seid entweder mutig oder dumm, das zu behaupten, vermutliches sogar beides. Diese Eigenschaften liegen nah beieinander.”

Eola straffte die Schultern und reckte das Kinn.

“Ich bin bereit, euren Test über mich ergehen zu lassen, aber nur unter einer Bedingung.”

“Oh, der Test hat bereits begonnen. 

Aber ich fürchte, er wird nichts darüber aussagen, ob ihr tatsächlich schuldig seid.”

“Vielleicht solltet ihr das eurem König sagen.”

Bajka verschränkte die Finger und sah sie über die Knöchel hinweg weiterhin an.

“Wie heißt ihr wirklich Mädchen?”

“Eola, ohne N.”

Die Zauberin nickte, dann stand sie auf und ging zum Fenster. Von wo aus sie einen guten Blick in den Burghof hatte.

“Ich habe euch beobachtet, seit sie euch aus dem Kerker geholt haben. Ihr kommt aus Riedhalm?”

“Nein. Ich komme von weiter her. Lord Kamm hat mich aufgenommen, als ihm klar wurde, dass ich ganz alleine unterwegs bin.”

Die Zauberin nickte und wandte sich wieder zu Eola um. Dann stützte sie die Hände auf die Lehne ihres Stuhls und sah auf den Brief hinunter, den sie verfasst hatte, als Eola eingetreten war.

“Eolin glaubt ihr hättet ihn mit Absicht seines Lords beraubt, um sein Vorhaben zu sabotieren. Ich traue, dem Kaiser zwar zu, dass er Spione in unseren Reihen hat, aber wohl kaum, dass dieser sich so delinquent anstellen würde.

“Delinquent?”

“Dumm”, erklärt Bajka und seuftzte.

“Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich mit euch anstellen soll Eola. Mir scheint ihr ward einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber einer unserer wichtigsten Verbündeten ist jetzt tot und wir brauchen nun einmal einen Schuldigen. Versteht ihr mein Dilemma?"

Eola nickte.

“Aber ihr habt mich auch neugierig gemacht. Ihr glaubt tatsächlich mächtiger zu sein als ich, wo ihr so vom Pech verfolgt seid? Man sagt, Magie wirkt sich auf das Schicksal derer aus, die sie wirken.”

Eola musste Lächeln. Welche Ironie, dass Bajka das so sah, wie unterschiedlich sich die Dinge doch interpretieren ließen.

“Dann hat mich das Schicksal wohl zu euch geführt, Lady. Manch einer, der mich getroffen hat, würde euch außerdem widersprechen. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mehr Glück als die meisten.”

Bajkas Augen verengten sich, doch sie erwiderte nichts.

“Ihr habt etwas im Thronsaal gesagt, als ihr zu den Lords spracht.”

Bajka hörte ihr weiterhin zu, doch etwas regte sich in ihrem Gesicht, das Eola nicht deuten konnte.

“Ihr habt gesagt, ihr hättet den Untergang des Kaisers vorhergesehen. Stimmt das?”

Bajka nickte.

“Sein Tod steht seit Jahren in den Sternen geschrieben.”

“Aber er ist nicht tot.”

Bajka nickte erneut.

“Und das, was ihr über den Siegeszug der Hügelländer gesagt habt, stimmt es?”

Bajka zuckte mit den Schultern.

“Die Zukunft ist nicht fest. Sie verändert sich.”

“Aber der Tod des Kaisers ist unausweichlich?”

Bajka zögerte, dann nickte sie zum dritten Mal.

“Worauf wollt ihr hinaus Kind?”, seufzte sie dann. “Ich muss eine Entscheidung treffen und wir haben nicht ewig Zeit.”

“Ihr habt den Untergang des Kaisers nicht gesehen, aber ich habe es. Ich kann euch sagen wo er ist, aber ich erwarte eine Gegenleistung.”

Bajka runzelte die Stirn.

“Ihr beliebt zu scherzen. Der Kaiser wurde seit Madiskat nicht mehr gesehen.”

Eola nickte.

“Ich war dort. Aber bevor ich euch mehr erzählen kann, müsst ihr es mir versprechen.”

“Was?”, fragte die Zauberin gereizt.

“Das ihr mich ausbildet. Mir die Zauberei beibringt.”

Bajka schnaubte belustigt.

“Falls ich das tue und falls es überhaupt möglich ist…”

“Oh es ist möglich. Ich weiß es so sicher wie die Sonne untergeht.”

Bajka warf ihr einen bösen Blick zu.

“Unterbrecht mich nicht.

Falls ich dem zustimme und es müsste schon ein Wunder passieren, dass der König dem zustimmt. Woher weiß ich, dass ihr die Wahrheit sprecht?”

Eola überlegte kurz, dann beschloss sie, alles auf eine Karte zu setzen.

“Er ist hier, in der Stadt.”

“Wer?”

“Der Kaiser, natürlich.”

Wieder verzog Bajka die Stirn und lächelte spöttisch.

“Das ist unmöglich. Ich hätte ihn gespürt. Niemand mit so viel Zauberkraft wie der Kaiser verbirgt sich vor mir.”

Eola grinste.

“Er hat seine Kräfte verloren. Deshalb zieht sich der Nebel zurück. Er ist nicht mehr als ein sterblicher Greis und er ist hier auf Ärenfels.”

Die Zauberin sah sie immer noch skeptisch an, doch etwas in ihrem Blick verriet Eola, dass sie schon gewonnen hatte.

“Wenn er hier ist, werden wir ihn finden, bis dahin werde ich keine Versprechungen machen.”

“Aber wenn ihr ihn findet, bildet ihr mich aus.”

Und Lady Bajka von Veysgrad rollte mit den hübschen blauen Augen.

“Ja, wenn ihr die Wahrheit sprecht und wir den Kaiser in Gewahrsam nehmen können, wird wohl selbst der König nicht widersprechen und ich werde euch ausbilden."







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen