Abstrakte Kunst oder das Telefonzellenparadoxon:
„Was der Betrachter fühlen soll, wird somit ihm selber überlassen, was unterschiedlichste Interpretationen ermöglicht.
Eine der erfreulichen Aufgaben eines Kritikers wie mir.“, schloss Abraxihm Nulippo.
Die Zuhörer gaben erstauntes Murmeln von sich und eines der Kinder deutete mit großen Augen auf das Kunstwerk hinter der Absperrung.
Der Kunstkriticker, der die kleine Gruppe über den Platz geleitete, war ein kleiner stämmiger Bursche, mit langem geflochtenen Bart und einem gigantischen Wälzer unter dem Arm.
Er deutete auf das Gebilde aus Glas hinter ihm und begann über den Künstler zu schwadronieren, als wäre er sein großes Vorbild.
Nur um ihn dann zu diffamieren und seine absurden Ideen, als Ausbruch seiner kranken Psyche darzustellen.
Es schien keinen der Anwesenden zu stören. Sie betrachteten nur fasziniert, das Ding, welches eine Tür zu haben schien.
„Kann man da rein gehen?“, fragte der Junge mit den großen Augen.
„Äh, nein. Junger man, das ist ein Kunstwerk, keine Telefonzelle.“
Abraxihm stockte und schüttelte den Kopf, als hätten die Worte des Jungen ihn aus dem Konzept gebracht.
„Es sieht aber aus wie eine Telefonzelle!“, meldete sich eine zweite Stimme.
„Da hat er Recht.“, schloss sich ihr eine Dritte an.
Der selbsterklärte Kritiker seufzte und ging weiter.
„Nun gut, vielleicht sagt den Herrschaften das nächste Kunstwerk ja mehr zu.“
Er hielt vor einer weiteren Telefonzelle und die Blicke waren ebenso neugierig wie zuvor.
„Nun das ist mal was Neues.“, gab ein untersetzter Kinderträger mit Brille von sich. Zustimmendes Murmeln erhob sich.
„Der Künstler ist ein Nachahmer des Vorherigen, nur das er das gewisse Etwas viel besser einfängt.“, begann der Führer.
„Das ist die gleiche Telefonzelle wie vorhin.“, gab der Junge, mit den großen Augen, zu bedenken.
„Ich gebs auf.“, schnaufte der Kritiker, ließ den Wälzer fallen und ging.
“Nun, das nenn ich Mal ein beeindruckendes Kunstwerk.“, versuchte der Brillenträger es, doch die Menge verstreute sich bereits.
Der kleine Junge mit den großen Augen kroch unter der Absperrung hindurch und keiner schien es zu bemerken.
„Was machst du da?“, fragte ihn der Man, und das Kind auf seinem Arm begann zu schreien.
„Ich muss mal telefonieren.“, sagte der Junge nur. Dann war er in der Telefonzelle verschwunden.
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