Kano
Leichter Wind pfiff durch die Bäume am Wegesrand und seine Ohren stellten sich auf. Das leises Knacken welches zu Kano durch drang schien fern und doch so nah. Er blieb stehen und ließ den Blick über endlose Wiesen streifen, die sich um ihn erstreckten. Der schmale Pfad, welcher den Berg hinnauf führte wand sich in vielen kleinen Kurven über das Grasmeer, das grün wogend vor ihm lag, betupft von blauen Pfützen in denen sich der Himmel spiegelte. Vereinzelten Birken und Sträucher wuchsen zwischen moosigen Felsen und trugen bereits kleine Blüten, welche sich über die letzten Tage gebildet hatten. Ihre Truppe war dem Frühling entgegen gezogen, und jetzt wehte er frisch und lebendig übers Land. Die Wiesen wurden zum Wald hin immer höher, der seine Ausläufer bis auf den kleinen Hügel erstreckte und das Tal hinter ihm bedeckt. Das Knartzen der knorrigen Bäume mischte sich in das Säuseln des Windes, und der Geruch von frischer Erde und die von Blumenduft geschwängerten Luft betäuben Kanos Sinne wie eine süße Droge. Er wandte sein Gesicht derr Sonne zu und versuchte den Hügel hinauf zu schauen. Manche der Truppe beneideten Kano um seine guten Ohren, doch sie waren genauso oft Fluch wie Segen. Er wusste nicht wer da den Weg hinab kam, jedoch stieg einen würziger ihm unbekannten Geruch in seine Nase. Er errinerte Kano an süße Wurzeln und den Hauch eines brennenden Krautes. Ein warmer Schauer jagte ihm über den Rücken, als rege der Duft etwas an, tief in seinem Inneren. Es war kein unangenehmes Gefühl, eher wie ein warmer Schaudern, doch er kündigte jemanden an, etwas an, das Kano bisher nur einmal wahrgenommen hatte. Seine Augen waren nicht ansatztweise so gut wie seine Ohren, weshalb er lange brauchte, um die Silluehtte über dem Hügel ausmachen zu können. Er schritt weiter den steinigen Pfad entlange, den Hügel hinnauf und kniff die Augen zusammen um den Schemen in der Ferne besser identifizieren zu können. Der Wind wurde stärker und die dünnen Birken am Wegesrand bogen sich fast bis zur Erde. Das Rauschen in seinen Ohren würde so laut, das er die Schritte kaum hörte, Schritte leise wie die einer Katze. Kano zog seinen Umhang fester um die Schultern und der stärker werdende Wind trieb ihm Tränen in die Augen. Die Dämmerung hatte vor mehreren Stunden eingesetzt und langsam fielen ersten Sonnenstrahlen über den Hügel. Auf dessen Spitze befand sich die Quelle, an welcher er jeden Morgen die Schläuche füllte. Die Gestalt auf dem kleinen Pfad bekam nun klare Konturen, während die Sonne den Hügel erklomm. Als er nur noch wenige Meter von der Siluhette entfernt war, erkannte er die Umrisse eines Mädchens. Geblendet vom Licht konnte er weiterhin nur Umrisse erkennen, und ehe er es sich versah, war sie an ihm vorbei und rannte weiter den den Hügel hinunter. Das Rauschen als sie an ihm vorbeiflog, wurde begleitet von plätscherndem Wassers im Krug auf ihrem Kopf. Sie schien ihn im Rennen, auf der Stirn zu balancieren, und er schaute ihr nach während sie sich den Berg hinab wieder entfernte. Er hörte das Flattern ihrer Kleider und Haare im Wind und roch nasse Katze, was ihn etwas verstörte. Er hätte verwundert, erleichtert oder verärgert sein sollen, doch der Anblick ihres braunen Schwanz und ihre schwarz-braunen Ohren glommen immer noch vor seinem Inneren Auge. Er strich sich selbst über die spitzen braunen Ohren, die mit glattem Fell bedeckt waren und seine Gedanken kreisten, rotieren um die Bedeutung dieser Bewegung. Er hatte gewusst das es noch andere wie ihn geben musste und doch verblüffte ihn das er ausgerechnet hier auf so jemand stieß. Er drehte sich wieder und setzte seine Weg fort, den Berg hinauf. Das einzige was Kano sich fragte war warum sie nicht angehalten hatte. Sie hatte ihn riechen müssen, wie er sie und ein Funke Entäuschung glomm auf in seinem Herzen und verlosch dann wieder. Sie waren wohl alle Verfolgte, daran würde es wohl liegen. Er erreichte die Kuppe des Hügels mit dem der kleine aus Felsen gehauene Brunnen. Die Lichtung darum wurde von der anderen Seite des Hügels vom Wald begrenzt und reichte bis zu den Ausläufern der nächsten Zivilisationen. Die Stadt Tamir und Tumir, mit den zwei Türme im Inneren, bewacht durch Mauern auf je einer Seiten der Brücke die über den Mirr führte und zu den Städten dahinter. Selbst aus der Ferne, konnte Kano die prunkvollen Villen und Anwesen erahnen, die in seiner Vorstellung mit prunkvollen Statuen und Brunnen punkteten. Doch hatte er nie eine so große Stadt aus der Nähe gesehen, geschweige denn von Innen und so blieben es nur Fantasien. Das was er sich vorstellte entsprang den Geschichten der älteren Jäger. Diejenigen von ihnen, die noch zu einer Zeit gejagt hatten in denen die Beute der Venar in großen Städten gepriesene Handelsware darstellte. Er füllte die Schläuche mit Wasser und den Kruf auf seinem Rücken. Dann richtete er sich wieder auf und schaute ein letztes Mal auf die im Sonnenaufgang erstrahlend Türme. Sie leuchteten Weiß in der aufgehenden Sonne und Kano wandte sich ab, bevor das Fernweh ihn erstickte.
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