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Mittwoch, 26. März 2025

Die Zauberin; Das Glückskind: Gentilis; Kapitel 13


Wissen ist Macht


“Hochvereehrte Lords und Ladys, lobgerpriesene Hoheit.”

Fayad Dimitas verbeugte sich so tief vor Eolin, dass sein blonder Zopf beinahe die vergoldeten Stiefel berührte. Dann schenkte er ihm sein bestes Lächeln und sprach weiter.

“Viele der Könige des Südens wurden einst ausgelöscht oder haben sich dem Kaiser unterworfen. Keiner von ihnen war in der Lage, dem Nebel, der brutalen Hand des fremden Herrschers, Widerstand zu leisten, der ihre Länder überfiel und alles niederbrannte, was ihm in die Quere kam.”

Fayad machte eine kurze Pause, um das Schreckensbild wirken zu lassen, das er gezeichnet hatte. Eolin blieb unbeeindruckt, aber einige der Lords und Ladys rutschten unruhiger hin und her, sie waren es nicht gewohnt, das jemand ihnen ihr Versagen so öffentlich unterbreitete.

“Lord von Ärenfels jedoch,”, Fayad hob einen Finger, “euer verehrter Vater, war einer der wenigen Könige, der sich dem Einfluss des Kaisers entziehen konnte. Ein Mann, der seine Krone zum Schutz seiner Untertanen aufgegeben hat. Er war schlau genug, sich dem Kaiser zu beugen und auch wenn viele es einst als Schwäche ansehen, so ernannte ihn der Kaiser doch zum Präfekten. Es war diese Weitsicht, die es seinem Sohn erlaubte, sich erneut eine Krone aufzusetzen, meint ihr nicht auch, eure Majestät?”

Der König erwiderte seine Frage mit einem knappen nicken, doch sein Lächeln wirkte gequält.”

“Und es gab noch einen weiteren König, der sich nicht unterworfen hat.” Dabei sah Fayad genau, dass sich jetzt einige der Adligen doch fragten, ob man das von Eolins Vater denn so behaupten könne, doch sein Triumph darüber war wie immer gut hinter der Maske versteckt, hinter dem sanften Lächeln seiner feinen Lippen.

“Lord Morelli ist nach dem Siegeszug des Kaisers ins Asyl gegangen und erst vor drei Monaten aus seinem Domizil im Süden wiedergekehrt.”

Fayad machte eine ausladende Handbewegung zum Stuhl zu seiner Rechten und deutete dabei eine weitere Verbeugung an, nicht ganz so tief jedoch wie vor dem König, mit dem er hergekommen war, Lord Eolin.

“Seine Untertanen empfingen ihn mit offenen Armen. Denn sie sahen in ihm ihren Erretter und auch er versprach, dass er das Joch des Kaisers lüfte, unter dem wir alle bangten. Denn der Kaiser ist gefallen und all seiner Macht beraubt."

Lord Morelli nickte König Eolin zu. Er trug ein Oberteil aus dunkler Seide, das mit goldenen Runen verziert war, die silberne Krone saß etwas schief auf seinem grauen Haar, doch darunter blickten zwei scharfe blaue Augen in die Runde. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war der eines Mannes, der genau wusste, wie er auf andere wirkte, sich aber nicht darum scherte. Er schien beinahe immer wütend oder zumindest verärgert zu sein, ein Eindruck der durch seine kantigen Züge noch verstärkt wurde.

“Doch was wäre ein gutes Bündnis mit nur zwei Bündnispartnern? Jede berühmte Übereinkunft zählt der Parteien drei: Der Dreierbund von Thießen, die drei Kriegsherren von Eibhain, die drei Geister vom Jammertal.”

Letzteres war eine Kindergeschichte und Fayad erntete für den Witz tatsächlich einige kurze Lacher, doch er hob schnell die Hand und es wurde wieder still.

“Und deshalb möchte ich euch zu guter Letzt die Fürstin Layjassa Turi vorstellen. Bisher waren die Bergstämme versprengt, sich selbst der größte Feind, bis der hier anwesenden Fürstin der Berge, das Unmögliche gelang. Sie vereinte Ta’Au und Rihann, die letzten der Kattlan und Mahyr." 

Im Vergleich zu Lord Morelli war die Fürstin der Berge ein Chamäleon. Sie trug bunte Kleider und farbige Tätowierungen im Gesicht und lächelte das wilde, freie Lächeln das nur den Bergstämmen zu eigen war, stolz und doch mit einer Leichtigkeit gepaart, die von wilden Tänzen und einer Liebe zum Leben zeugte. 

“Wilkommen in Riedhalm”, begrüßte Eolin die beiden fremden Herrscher nun und erhob sich nach Fayads Ansprache. Er selbst war damit entlassen, das wusste er und trat mit einer letzten Verbeugung zur Seite.

“Willkommen Lord Eolin”, antwortete Layjassa Turin. Die Fürstin neigte dabei leicht den Kopf und machte eine Geste mit den Händen, die in ihrem Volk als Ehrenbezeugung galt. Lord Morelli nickte lediglich. 

“Wir alle sind aus demselben Grund hier”, fuhr König Eolin fort. “Doch es wird kein einfacher Siegeszug werden, der Einfluss der Oligarchen ist immer noch groß. Aber seit langem haben wir wieder eine tatsächliche Chance. Ich freue mich, das wir nicht nurden König von jenseits der Berge auf unserer Seite haben.”

Dabei lächelte er Fürstin Layjassa zu und sie erwiderte sein Lächeln.

“Natürlich Lord Eolin. Mein Volk hat unter dem Einfluss des Kaisers gelitten wie alle, die sich ihm nicht gebeugt haben. Als wir von eurem Feldzug erfuhren, sind wir nach Riedhalm geeilt. Dieses Bündnis wird tief in Stein geboren.”

“Eine Redensart?”, fragte Eolin und Layassa nickte, dabei führte sie erneut die Hände zusammen und schlug sie sich sacht gegen die Brust.

“In Stein geboren.”

Lord Eolin wiederholte die Geste, doch bevor sie weitere Höflichkeiten austauschen konnten, räusperte Lord Morelli sich.

“Dann ist euer Ziel die Hauptstadt des Kaiserreiches?”

Eolin nickte und wandte sich ihm zu.

“Uns wurde zu Ohren getragen, dass eure Zauberin ein Mittel gegen die Magier der Akademie besitzt?”

“Und uns wurde ebenfalls geflüstert”, fügte die Fürstin hinzu. “Das ihr den Kaiser in eurer Gewalt habt? Ist er das besagte Mittel?”

Bajka schüttelte den Kopf und trat vor.

“Das wir des Kaisers habhaft werden konnten war eine glückliche Fügung. Mein Plan sieht es vor, die Magier zu spalten. Nicht alle sind dem Kaiser oder den verbliebenen Oligarchen treu ergeben. Ich besitze Informationen, die diese Spaltung noch vorantreiben werden.”

Morelli zog eine Augenbraue hinauf.

“Ich nehme nicht an, dass ihr uns diese Informationen mitteilen wollt?”

Bajka zuckte mit den Schultern.

“Abgesehen davon, dass ihr vermutlich nichts davon versteht, sind es sehr brisante Informationen. Sie gehen nur mich und die Magier der Akademie etwas an.”

Eolin seufzte.

“Mehr bekomme ich auch nicht aus ihr heraus. Aber ich vertraue der Lady von Veysgrad. Ihre Weisheit hat dafür gesorgt, dass wir des Kaisers habhaft werden konnten.”

Morellis Augen verengten sich.

“Ich habe gehört, dass ein Mädchen von der Silbersee, dies erreicht hat. Wo ist sie gerade? Mir scheint, sie hat ebenfalls wichtige Informationen, die uns alle etwas angehen?”

“Eola, das Mädchen, von dem ihr sprecht ist noch jung. Sie hat auf einem Treffen wie diesem nichts zu suchen.”

Jetzt warf auch die Fürstin der Berge Bajak einen seltsamen Blick zu.

“Ihr wisst eine Menge, dass ihr nicht preisgeben wollt, Zauberin."

“Beizeiten werde ich alle nötigen Informationen enthüllen. Aber umso weniger Menschen über gewisse Dinge Bescheid wissen, desto sicherer. Ich werde diese Unternehmung nicht dadurch in Gefahr bringen, dass ich entscheidende Informationen in einer so großen Runde wie dieser enthülle.”

Eolin nickte.

“Wir sind alle auf derselben Seite.”

Fayad räusperte sich und trat vor, ihm schien es ein guter Moment zu sein, noch etwas zu sagen, das ihm auf der Zunge lag. Bajka von Veysgrad warf ihm dabei einen Blick zu, der ihm verriet, dass sie nicht begeistert von der Rolle war, die er in all dem einnahm.

“Ich habe dieses Treffen in die Wege geleitet und des Friedens willen, möchte ich eine Sache ansprechen, die entscheidend sein sollte. Was passiert mit den Territorien des Kaisers, wenn dieser Krieg erst gewonnen ist?”

Eolin runzelte die Stirn und wenn die Frage Morelli aufstieß, ließ er es sich nicht anmerken. Fürstin Layjassa hingegen brach in Gelächter aus.

“Wollt ihr dieses Bündnis schon spalten, bevor es überhaupt zusammengefunden hat?”, fragte sie dann und zog eine Augenbraue hinauf.

“Die Bergstämme sind nicht darauf erpicht, ihr Gebiet zu erweitern. Wir wollen nur die Länder zurück, die unseren Ahnen einst entrissen wurden.”

Dabei warf sie der Zauberin einen kurzen Blick zu und Fayad machte sich im Geiste eine Notiz.

“Diese Frage lässt sich auch noch erörtern, wenn wir die Hauptstadt eingenommen haben”, sagte König Eolin. “Es wird sich außerdem zeigen, wie viel des Einflussgebietes der Oligarchen wir überhaupt befreien können. Nur weil wir die Hauptstadt genommen haben, heißt das nicht, dass sie keinen Widerstand mehr leisten werden.”

“Der Kaiser konnte ein so großes Gebiet wie die seiben Reiche nur dank seiner Nebel halten”, gab Lord Morelli zu bedenken.

“Das sind alles äußerst wichtige Fragen, aber ich stimme König Eolin zu, solange wir die Hauptstadt nicht genommen haben, ist es müßig, sich darüber Gedanken zu machen”, mischte sich die Zauberin jetzt ein. “Zu diesem Zeitpunkt sollten wir uns um zwei Dinge kümmern. Erstens, welche Verbündete wir noch für unsere Sache gewinnen können. und zweitens welche der Oligarchen die größte Bedrohung darstellen. Außerdem werde ich nicht alle Magier auf unsere Seite ziehen können. Zum gegebenen Zeitpunkt wird es nötig sein, zu entscheiden, was wir mit denen machen, die sich uns widersetzen.”

Morelli schnaubte.

“Was ist das für eine Frage Zauberin?”

Bajka zog lässig eine Augenbraue hinauf und sah ihn geradewegs an.

“Wir können sie nicht alle hinrichten, Lord. Einige von ihnen sind langjährige Führer der kaiserlichen Armeee. Ihr Tod würde uns mehr Probleme machen, als uns lieb ist.”

Eolin nickte und schnitt Morelli das Wort ab, der anscheinend noch etwas dazu hatte sagen wollen.

“Auch darüber werden wir uns zu gegebener Zeit Gedanken machen. Gibt es noch weitere Frage? Sonst würde ich mich mit Lady Layassa und Lord Morelli gerne über die Organisation der Truppen sprechen.”

Die nächste halbe Stunde taten die drei Herrscher genau das und Fayad versuchte, sich seine Langeweile nicht anmerken zu lassen. Er prägte sich jede Information genau ein, dann entschuldigte er sich. Das Treffen war in kleiner Gespräche zerfallen. Lord Eolin schien an der Fürstin gefallen zu finden, denn sie unterhielten sich ausgelassen. Lord Morelli hingegen war in ein Gespräch mit der Zauberin verwickelt, das Fayad allerdings nicht mithören konnte. Die Zauberin hatte irgendetwas mit der Luft angestellt, sodass keines der Worte an Fayads Ohr drang. Also streifte er etwas ziellos durchs Lager und kam schließlich vor dem Gehöft aus, das er in den letzten paar Tagen beobachtet hatte. Riedhalm war so klein, dass es keine Kerker gab und so hatten sie ihn hier eingeschlossen. Der Keller war der sicherste Raum im Dorf. Fayad war nicht wohl dabei, was er vorhatte, aber wenn es darum ging, sich einen Vorteil zu verschaffen, musste man Opfer bringen, das hatte er bereits früh gelernt. Seit ihrer Abreise war die Zauberin mit der Sicherheit des Kaisers beauftragt. Fayad brauchte einen Plan und zwar einen guten. Er hatte die letzten paar Tage damit verbracht, das Gehöft zu beobachten. Er hatte sich gemerkt, wann die Diener ihm das Essen brachten, wann die Wachen ihren Schichtwechsel vollzogen und nur auf eine Gelegenheit gewartet, dass die Zauberin abgelenkt war. Jetzt, da das Treffen mit den fremden Herrschern in vollem Gange war, erschien ihm dieser Moment gekommen. Ein Eindringen bei Nacht war zu gefährlich, er wusste nicht, welche Sicherheitsvorkehrungen die Zauberin getroffen hatte und gegen magische Fallen war er machtlos. Aber es gab immer Mittel und Wege und Fayad kannte sie alle. Er schlenderte zu einigen Zelten hinüber, die als Feldküche dienten. Die Rufe der Köche und Bediensteten schallten ihm entgegen und er fasste einen der Gardisten ins Auge, der in einiger Entfernung stand und sich mit zwei Männern des Königs unterhielt. Er trat zu ihnen und sah zur Küche hinüber. Die Männer verstummten und sahen ihn an.

“Lord? Gibt es ein Problem?”

Fayad verzog leicht das Gesicht und zögerte, bevor er sagte:

“Es ist vermutlich nichts Hauptmann …”

“Spuckt es schon aus.”

Fayad lächelte gequält und zupfte sich, gespielt nervös am Saum seiner Tunika.

“Ich will keine Gerüchte verbreiten, aber ich komme gerade vom Treffen des Königs und … Nun ja, sie fürchten wohl um die Sicherheit des Kaisers.”

Der Hauptmann nickte, schien jedoch nicht sonderlich besorgt.

“Nun habe ich gerade gesehen, wie einer der Diener dem Essen des Kaisers etwas hinzugefügt hat. Vermutlich bin ich einfach nur paranoid, aber ihr wisst ja, wie wichtig er für diese Unternehmen ist. Unsere Feinde würden wohl einiges tun, um ihn zum Schweigen zu bringen.”

Der Hauptmann überlegte kurz und sah Fayad einschätzend an.

“Ihr wart im Thronsaal auf Ärenfels, richtig?”

“Ich bin nur ein unbedeutender Berater.”

Der Hauptmann nickte.

“Welcher Diener war es?”

Fayad deutete auf einen Jungen in weiser Jacke, von dem er wusste, dass er dem Kaiser um diese Zeit das Essen brachte.

“Es ist vermutlich nichts …”

“Das werden wir sehen.” 

Der Hauptmann schob Fayad beiseite und ging auf den Burschen zu. Fayad sah jedoch nicht mehr dabei zu, was geschah, stattdessen ließ er sich zurückfallen und entschlüpfte im Gedränge der Feldküche. Dann steuerte er erneut auf das Gehöft zu. Fayad wartete im Schatten der Stallungen, bis der Diener zehn Minuten später in Richtung der kleinen Tür eilte, vor der die Zauberin zwei Wachen positioniert hatte. Fayad fing ihn ab, bevor er das Gehöft erreichen konnte, doch gerade so in Hörweite der beiden Gardisten.

“Hey, ihr da!”

Der Diener zuckte zusammen und wandte sich um.

“Was hat das so lange gedauert!”

Fayad baute sich vor ihm auf und stemmte die Hände in die Hüften.

“Verzeiht Lord, ich wurde aufgehalten.”

“Lord Hagen wartet schon seit über zehn Minuten. Er mag es gar nicht zu warten.”

Der Diener schluckte, wurde blass und machte eine Verbeugung, bei der ihm beinahe das Tablett aus der Hand fiel.

“Es tut mir ausgesprochen leid, Herr. Die Gardisten des Königs haben mich aufgehalten …”

Fayad warf ihm einen strengen Blick zu und machte eine Handbewegung, mit der er dem nervösen Diener kurzerhand das Wort abschnitt.

“Mich interessieren eure Ausreden nicht.”

“Natürlich, Herr. Ich werde gleich nachdem …”

Wieder unterbach Fayad ihn.

“Sofort Bursche!”

Dann blickte er abschätzig auf das Essen auf dem Tablett, trockenes Brot und etwas Käse.

“Was ist das denn?”

“Das Essen für den Kaiser.”

“Hmh. Glaubt ihr wirklich, das hat Vorrang vor dem Braten des Lord?”

“Nein, Herr.”

Der Bursche sah beschämt zu Boden. Fayad seufzte und streckte die Hand aus.

“Gebt schon her.”

“Lord, die Zauberin besteht darauf …”

Er sprach nicht weiter, dieses Mal schien Fayads Blick allein auszureichen. 

“Wollt ihr, dass ich dem Lord sage, dass ihr sein Essen habt kalt werden lassen, um zuerst den Feind zu bewirten?”

“Nein, Lord. Natürlich nicht. Es tut mir leid Lord.”

Damit überließ er Fayad das Tablett und eilte davon und ein kurzes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Dann setzte Fayad erneut die Miene eines grimmigen Lord auf, der so gar nicht  damit zufrieden war, die Aufgabe eines einfachen Dieners übernehmen zu müssen und marschierte auf die Tür des Gehöft zu. Kurz versperrten die Wachen ihm den Weg und er meinte schon sein Spiel hätte nicht die erhofften Früchte getragen. Doch er warf den Gardisten einen kurzen Blick zu und schließlich gaben sie den Weg frei. Wie Fayad gehofft hatte, waren sie wenig erpicht darauf, in die Probleme des Dieners verwickelt zu werden. Er trat durch die niedrige Tür und musste den Kopf einziehen, um in den tiefer gelegenen Raum zu gelangen. Im Dämmerlicht dahinter konnte Fayad kaum etwas erkennen und er gab seinen Augen Zeit, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Der Kaiser der Nebelreiche saß in gekrümmter Haltung auf dem Boden, schwere Ketten lagen um seine Glieder und das bisschen Stroh, das es gab, hatte er zu einem kleinen Lager aufgehäuft. Er sah auf und auch wenn sein Körper alt und schwach war, blickten Fayad die wässrig grauen Augen scharf an. Er sagte nichts, sah nur kurz auf das Tablet hinab, das Fayad vor ihm abstellte und musterte ihn dann erneut. Fayad ging vor dem ehemaligen Herrscher der Nebel auf die Knie und zog etwas aus den Falten seiner Tunika. Die Augen des Kaisers verengten sich zu Schlitzen.

“Ihr wisst was das ist?”, fragte Fayad ihn und hielt den kleinen grünen Stein ins Licht, auf dem eine einzelne Rune eingelassen war. Der Kaiser schnaubte leise.

“Natürlich. Ich habe die Runenstein erschaffen, Junge."

“Dann wisst ihr auch, wozu dieser hier in der Lage ist?”

Wieder nickte der Kaiser.

“Ihr bringt uns beide in Gefahr, ihn überhaupt hierher zu bringen.”

Fayad lächelte.

“Oh, ich bin mir sicher, dass ihr einen Weg finden würdet diese Gefahr zu bannen.”

“Ihr habt keine Ahnung, mit wem ihr euch anlegt.”

Fayad ließ den Runenstein wieder in den Falten seiner Tunika verschwinden, dann stand er auf und späte zur Tür hinüber.

“Ihr redet von der Zauberin Bajka? Sie ist abgelenkt. Aber nicht mehr lange. Wir haben nicht viel Zeit.”

Der Kaiser nickte.

“Was wollt ihr?”, fragte er dann.

Fayad zögerte, er hatte lange überlegt, was er sagen würde, sobald er es hierher geschafft hatte und trotzdem musste er sich die Wörter erst wieder zurecht legen. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

“Ich will wissen, was die Zauberin in Talantreh suchte. Was verspricht sie sich von den Magiern der Akademie?”

Der Kaiser lächelte.

"Das, was sie offiziell dort will, oder das, was sie selbst dort sucht?”

“Was wohl?”, fragte Fayad und kniete sich wieder vor dem Kaiser hin.

“Sagt es mir oder ich muss vom Runenstein Gebrauch machen.”

“Das wäre euer Tod, Junge.”

Fayad verzog leicht das Gesicht. Er mochte nicht, wie der Kaiser ihn behandelte. Er war kein kleines Kind und diese ganze Sache hatte ihn zu viel Geld und Mühe gekostet, um sich jetzt abspeisen zu lassen.

“Vermutlich, aber ich würde euch mitnehmen. Habt ihr es so eilig zu sterben?”

Der Kaiser lächelte.

“Ich glaube, ich habe weniger zu verlieren als ihr.”

Er hatte Recht und Fayad wusste bereits, was kam. Die Bitte, die der Kaiser an ihn richtete, überraschte Fayad trotzdem.

“Ich werde es euch sagen, wenn ihr das Mädchen her bringt. Das Kind, das für meine Gefangennahme verantwortlich ist.”

Fayad nickte.

“Ich weiß wen ihr meint. Ein ausgesprochen … selbstbewusstes Kind. Was wollt ihr von ihr?”

“Nur reden.”, antwortete der Kaiser..

“Ich weiß nicht, ob mir das möglich ist.”

“Dann macht es möglich oder das Geheimnis der Zauberin wird mit mir sterben.”

Fayad seufzte und stand wieder auf.

“Nun gut. Bleibt brav hier.”

Der Kaiser schnaubte belustigt und Fayad ging zurück zur Tür. Kurz davor hielt er noch einmal inne.

“Warum das Mädchen? Was ist an ihr so besonders?”

Der Kaiser lächelte sein unheimliches Lächeln, antwortete jedoch nicht. Nun gut, Fayad würde schon noch herausfinden, was der Kaiser der Nebelreiche von einem einfachen Mädchen vom Silbermeer wollte. Dann verließ Fayad die Dämmerung und trat zurück ins Sonnenlicht.



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